Baustellen-Höhenwahnsinn

Nur für den Fall, dass noch irgendjemand in dieser großen virtuellen Welt sich mit der Frage “Bauen die noch?” das Hirn zermartert, will ich mal eben kurz ein paar Zeilen hier hinwerfen, um den aktuellen Zustand der Baustelle unseres Holz100-Hauses zu beschreiben. Der letzte Eintrag ist schon etwas her und niemand, wirklich niemand, muss bangen, die Einzelheiten der letzten Tage, Wochen, Monate, Jahre nicht zu erfahren, aber gerade eben ist nicht der geeignete Zeitpunkt für ausschweifende Bauromane, denn es ist schon spät.

Die letzten unbestimmten Äonen seien nur kurz mit den Worten umrissen: wir haben weitergebaut. Selbst Hand an das Haus gelegt. Viele Hände! Unzählig viele Hände, um genau zu sein.

Und vorletzte Woche sind wir eingezogen!

Sicherheitshinweis: Empfindsame Naturen mögen jetzt bitte aufhören zu lesen, und mit dem unvollständigen Wissen um unseren Einzug schlafen gehen. Gute Nacht und träum was schönes!

Wir sind eingezogen in unser Holz100-Haus aus Holz. Holz drumherum und teilweise drin, einiges an Fermacell, viele Tonnen Kies, ein gefühltes Fußballfeld voller Holzspanplatten, dazu nicht wenige Fliesen und viele Korkplatten. Letztere wurden noch am Abend vor dem Umzug dazu genutzt, den Flur im Obergeschoss fertigzustellen. Ok – bis zu der Stelle, an der die Holztreppe vom Erdgeschoss zum Obergeschoss an selbigem anstoßen soll.

Wie … soll?

Die letzte Frage ist berechtigt. Die Treppe fehlt nämlich noch. Wie so einiges anderes auch.

Viele wohnhafte Menschen haben sich daran gewöhnt, dass Wohnungen im Allgemeinen und Häuser im Speziellen über innenliegende Treppen verfügen. Jedenfalls da wo es nötig erscheint. Also gerade bei mehrstöckigen Häusern. Treppen sind ungemein sinnvolle Gebilde, die es Menschen erlauben durch eine Fragmentierung von Höhenunterschieden mit minimiertem Kraftaufwand übereinanderliegende Etagen eines Hauses mehr oder weniger mühelos zu ersteigen. Viele Menschen haben sich daran gewöhnt und würden Bauklötzer in die Gegend staunen, wenn sie in ein Haus einziehen würden, welches zwar über mehrere Etagen, aber keine Treppe verfügt. Ist doch so, oder? Du gehörtst auch dazu.

Ich auch – aber ich habe ein wenig übertrieben. Damit ein mehrgeschossiges Haus ohne Treppe überhaupt sinnvoll ausgebaut werden kann, wird die Treppe das Bauplans erst einmal durch eine stählerne, klappernde Bautreppe ersetzt. So eine hatten wir auch. Bis heute! Eine enge Wendeltreppe aus Stahl, die ein lustvolles umhertransportieren von sich selbst mit oder ohne Kisten zu einer sportgymnastischen Herausforderung werden ließ. Aber für Fitnessjunkies eine echte Bereicherung! Wenn du mal 2 Tonnen Kies in Säcken da hoch geschleppt hast, weißt du was du gemacht hast. Die Oberschenkel singen beglückt ein fröhliches Muskelaufbaulied, während die Schultern im Takt dazu knirschen.

Als ich heute heim kam war die Bautreppe weg.

Der Keller war ebenfalls verschwunden. Oder anders ausgedrückt: das Loch, durch welches die Bautreppe negative Höhenmeter überwand, war verdeckt mit einer Schicht Bretter. Eigentlich ein genialer Schachzug, denn im damit unzugänglichen Keller liegen derzeit neben einigen Kubikkilometern Holz in Form von Brettern, Schrankwänden, Regalböden u.s.w. noch uninventarisierte Kisten in einer beliebig hohen unbestimmten Zahl. Voll! Die Kisten! Es erfordert wahnsinnig viel Fantasie, um sich in diesem Gewölbe eine Ferienwohnung vorzustellen, die dort geplant ist!
Zurück zu den Brettern.

Auf den Brettern steht … nichts. Ich hatte dort eigentlich den Beginn einer Treppe vermutet. So richtig mit Stufen und so. Womit ich nicht gerechnet hatte, war ein Podest, welches links und rechts an den Wänden befestigt ist und damit scheinbar schwebt. Und aller Physik zum Hohn verläuft sogar ein Geländer von diesem Podest zum Obergeschoss. Auch dieser Abschnitt ist ohne Stufen! Vom Erdboden zum Podest verläuft nichts. Das Podest ist wie das Geländer aus Holz, was an dieser Stelle nichts zur Sache tut, der Vollständigkeit halber aber gesagt werden sollte. Man kann sogar auf dem Podest sitzen. Hmmmm. Da muss Magie im Spiel sein. Es muss sogar weiße Magie sein, denn morgen soll das schwebende Podest durch das behutsame Hinzufügen von ab- und zugehenden Stufen in einen Treppenabsatz transformiert werden. Ein imenses Superding. Ich bin auf morgen gespannt wie ein Flitzebogen. Augenzeugen berichteten mir davon, dass ein ähnliches Podest unter den Brettern entstanden ist. Also da wo das Loch zum Keller führt. Bezeugen kann ich das nicht, denn dieser Bereich des Hauses ist heute absolut unzugänglich. Selbst für Augen! Doch die Augenzeugen sind glaubwürdig.

Um diese bahnbrechende Entwicklung auf unserer bewohnten Baustelle zusammenzufassen: Nachdem wir nun fast zwei Wochen in dem Haus wohnen, wird endlich eine echte Treppe installiert.

Da sich diese bauerweiterungstechnische Maßnahme über zwei Tage zieht, bestand die Herausforderung des heutigen Abends darin, die Schlafgemächer im OG ohne den Einsatz von Flügeln oder Propellern zu erreichen. Als nun mehr gestandene Bauherren und -frauen, haben wir das Problem durch eine Leiter gelöst und erkannt, dass eine Axt im (Holz)Hause vielleicht manchmal sinnvoll ist, zur Lösung dieses Problems jedoch keinen sinnvollen Beitrag geleistet hätte. Ich ändere daher den bekannten Heimwerkerspruch in “Eine Leiter im Hause verleiht zwar keine Flügel, aber hoch hinaus kommt man trotzdem damit.”

Meine Güte – jetzt pinsel ich hier schon wieder ellenlang Baustellenlatein, welches in Deutsch jedoch der Wahrheit entspricht. Dabei wollte ich doch nur kurz erwähnen, dass wir umgezogen sind und in dem bereits mehrfach angekündigten Holz100-Haus wohnen. Bald nicht mehr ohne Treppe! Dafür weiter ohne

  • Haustür
  • funktionierende Küche
  • Ofen / Heizung
  • Türen im allgemeinen
  • Carport / Schuppen
  • Garten
  • Duschkabine
  • viele Lampen
  • Schränke
  • Ferienwohnung

Viele dieser und weitere Dinge werden schrecklich überbewertet. Eine kompromissbereite Familie vermag damit umzugehen. Auch wenn es manchmal furchtbar schwer wird. So wie heute das Klavier (welches durch starke Umzugsfirmenmitarbeiterpranken eingeliefert wurde).

Aber wir leben! Und mit jedem Tag fügt sich ein Puzzleteilchen zum nächsten. Und bald – bestimmt noch vor meiner Rente – werden wir fertig sein. Und dann?

2 Gedanken zu „Baustellen-Höhenwahnsinn“

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